Auszubildende nach Ende der Ausbildung im Unternehmen halten
Vor einiger Zeit stellte mir eine Kundin diese Frage:
Seit mehr als zehn Jahren bin ich Ausbildungsleiterin in einem mittelständischen Unternehmen der chemischen Industrie.
Wir bilden jährlich drei Chemielaboranten aus.
Zum einen decken wir damit unseren eigenen Bedarf an Nachwuchskräften. Zum anderen werden die jungen Menschen speziell für die anfallenden Aufgaben qualifiziert.
In der letzten Zeit haben jedoch mehrfach Auszubildende kurz nach der erfolgreichen Prüfung gekündigt, um zu studieren. Wir müssen Abiturienten nehmen, weil nur sie die hohen naturwissenschaftlichen Anforderungen der Ausbildung bewältigen. Machen wir etwas falsch?
Studium oder duale Ausbildung
Junge Menschen auszubilden, ist für jeden Betrieb eine Investition in die Zukunft. Wenn Nachwuchskräfte das Unternehmen dann verlassen, hat sich diese Investition betriebswirtschaftlich betrachtet nicht gelohnt. Aber auch persönlich ist es in vielen Fällen ein Verlust, denn eine dreijährige Lehrzeit bindet Kolleginnen und Kollegen aneinander.
Um herauszufinden, was Sie anders machen können, sollten Sie sich diese drei Fragen stellen:
Was wissen Sie über die Lebensplanung der Auszubildenden?
Für viele Abiturienten scheint es, der erstrebenswerte Weg zu sein, ein Studium anzufangen und, hoffentlich, auch abzuschließen. Für viele ist eine Berufsausbildung eine Zwischenlösung.
Wie sieht Ihr Auswahlverfahren aus?
Schauen Sie nur auf die fachlichen Kompetenzen?
Erkunden Sie auch, warum sich jemand für genau diesen Beruf entschieden hat?
Vielleicht möchte er sich erst einmal über seine Interessen und Neigungen klar werden? Die Wartezeit auf einen Studienplatz überbrücken.
Dann können Sie über die Möglichkeit sprechen, nach Ausbildung und erfolgreichem Studium in das Unternehmen zurückzukehren.
Festigen können Sie diese Bindung an den Betrieb durch Semesterjobs und die Betreuung der Bachelor- oder Masterarbeit.
Welche Karrierewege stehen Chemielaboranten in Ihrem Unternehmen offen?
Menschen wünschen sich Erfolg und Entwicklung. - Welche Entwicklungsmöglichkeiten bieten Sie bisher dem betrieblichen Nachwuchs
Bleiben Chemielaboranten zeit ihres Berufslebens im Labor stecken?
Gibt es eine Fachlaufbahn, um anerkannter Experte in einem bestimmten Arbeitsbereich zu werden, etwa im Qualitätsmanagement?
Können sie Führungskraft werden oder Planungsaufgaben übernehmen?
Könnten berufsbegleitende Weiterbildungen zukünftig das innerbetriebliche Weiterkommen fördern?
Die Möglichkeit, sich innerhalb des Unternehmens zu verändern und weiterzuentwickeln, erhöht ebenfalls die Bindung an einen Betrieb.
Wären junge Menschen mit Realschulabschluss vielleicht doch geeignete Auszubildende?
Eine weitere Option wäre, Realschulabsolventen nicht von vornherein auszuschließen.
Sie könnten unter anderem Praktikumsplätze für naturwissenschaftlich begabte Realschüler anbieten.
Ein interessantes Praktikum mit Ausbildungsperspektive hat schon manch einen motiviert, sich außerhalb des regulären Unterrichts in ein Schulfach zu vertiefen.
Gibt es Mitarbeiter, die Spaß daran hätten, außerschulische Arbeitsgruppen anzubieten, um Realschüler zur Ausbildungsreife zu führen?
Wie sieht es aus mit firmenspezifischen Nachhilfeunterricht - begleitend zur Ausbildung?
Fazit
Diese Fragen haben meiner Kundin sehr dabei geholfen, die Ausbildung-Grundsätze im Unternehmen zu hinterfragen. Dabei haben sich neue Ansätze und Ideen gegeben.
Ein Schulabschluss ist kein Garant für gutes Wissen. Durch naturwissenschaftliche Tests haben auch Realschüler eine Chance, den Beruf zu erlernen - Wenn sie bereit sind, Zeit zu investieren.
Durch Praktika erfahren interessierte Schüler mehr über das Berufsbild, die Anforderungen und die Perspektiven
Da nicht mehr ausschließlich Abiturienten zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden, ist auch die Kündigungsquote gesunken.
Damit ist die Investition in Ausbildung deutlich lohnender geworden.