„Kann ich mich auch ohne aktuelles Arbeitszeugnis bewerben?“ Diese Frage höre ich oft von meinen Coachee. Viele von sind unzufrieden auf ihrem Arbeitsplatz. Einige sind völlig gestresst, weil sie ständig zusätzliche Aufgaben übernehmen sollen. Anderen macht der Job einfach keinen Spaß mehr und sie wollen sich beruflich verändern. Dann taucht meistens diese Frage auf:
„Kann ich denn überhaupt schon mit der Jobsuche beginnen, obwohl ich noch bei meinem bisherigen Arbeitgeber tätig bin. Ich habe ja auch noch kein Zeugnis“
Hier erfahren Sie wie das mit dem Arbeitszeugnis läuft.
Das Arbeitszeugnis
Wer in Deutschland in einem Unternehmen beschäftigt ist, hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Diesen Anspruch müssen Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber einfordern – Sie müssen ausdrücklich ein Zeugnis erbitten.
Einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis haben Sie grundsätzlich nicht. Es macht aber Sinn, bei einem Wechsel in eine andere Abteilung oder wenn der Vorgesetzte wechselt, um ein Zwischenzeugnis zu bitten. Meistens klappt es. – Ohne wichtigen Grund werden Sie kein Zwischenzeugnis erhalten. Und sollten Sie das Unternehmen verlassen wollen, wecken Sie mit der Frage nach einem Zwischenzeugnis nur „schlafende Hunde“. Es könnte sein, Ihr Arbeitgeber vermutet eine Kündigungsabsicht.
Nur Auszubildende müssen automatisch ein Abschlusszeugnis vom Arbeitgeber erhalten.
Das einfache Arbeitszeugnis
Wer nur kurze Zeit (max. sechs Wochen) in einem Unternehmen beschäftigt war, erhält nur eine einfaches Arbeitszeugnis. Darin wird bestätigt wie lange und mit welcher Tätigkeit jemand im Unternehmen beschäftigt waren.
Das qualifizierte Arbeitszeugnis
Wer länger als sechs Wochen beschäftigt war und das Unternehmen verläßt, hat Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber gekündigt hat. In diesem Zeugnis werden die Arbeitsaufgaben beschrieben, eine Leistungs-Einschätzung vorgenommen und das Verhalten gegenüber Kollegen und Führungskräften beschrieben. Je nachdem welche Aufgaben Sie hatten wird auch das Verhalten gegenüber externen Stellen beurteilt. Das sind z.B. Kunden, Patienten, Lieferanten, Gäste …
Das Arbeitszeugnis muss einerseits wahr und andererseits wohlwollend abgefasst sein, um das berufliche Fortkommen des ehemaligen Mitarbeiters nicht zu behindern. Gleichzeitig soll es wahr sein. Es soll dem Leser des Zeugnisses eine reale Einschätzung der Person ermöglichen.
Im Zeugnis muss ausgeführt werden, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Haben Sie selbst gekündigt oder wurde ihnen vom Unternehmen gekündigt?
Arbeitszeugnisse sind ein beliebter Streitpunkt vor deutschen Arbeitsgerichten:
Manchmal fehlen notwendige Angaben, manchmal vermuten Beschäftigte einen versteckten Zeugniscode hinter den Formulierungen.
Solange der (Rechts-) Streit andauert gibt es kein gültiges Zeugnis.
Ehemalige Vorgesetzte und Personalabteilungen lassen sich oft sehr viel Zeit, bis das Zeugnis endlich fertig ist. Arbeitszeugnisse zu erstellen nehmen viele als lästige Verpflichtung wahr, vor der sie sich so lange wie möglich drücken.
Welche Rolle spielt das Arbeitszeugnis?
Wie sieht eigentlich die Praxis in Unternehmen aus, die eine Stelle besetzen wollen.
Welche Rolle spielt das Arbeitszeugnis?
Das haben die Betriebswirtschaftlerin Steffi Grau und Prof. Dr. Klaus Watzka erforscht – mit ernüchternden Ergebnissen. Die Studie legt den Schluss nahe, dass die Anfertigung von Arbeitszeugnissen über weite Strecken nur noch ein sinnfreies Ritual ist:
Viele Unternehmen führen schwache Leistungen oder unangemessenes Verhalten erst gar nicht auf, weil sie eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden wollen.
Mit der Verpflichtung zur Wahrheit nehmen sie es dabei nicht so genau.
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Weitere Erfahrungen aus der Praxis
Für das Unternehmen ist die Beschreibung der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten ausschlaggebend. Es ist der erste Beleg dafür, welche Kompetenzen Sie als Bewerber mitbringen.
Deshalb sollten Sie besonders darauf achten, dass alle wichtigen Aufgaben ausführlich und wahrheitsgemäß beschrieben werden. Bleiben Sie realistisch in der Einschätzungen Ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen. Es nützt Ihnen am Ende nichts, wenn Sie die hohen Erwartungen eines neuen Arbeitgebers erfüllen können
Wenn Sie lange im selben Betrieb tätig waren, ist es wichtig, dass die verschiedenen Stationen im Unternehmen aufgeführt sind. Das ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass Sie nicht betriebsblind sind, sondern die Chancen auf Weiterentwicklung genutzt haben.
Der Leser erkennt Ihre Entwicklung im Verlauf der Betriebszugehörigkeit.
Arbeitszeugnisse – wichtig bei der Vorauswahl
Anhand der fachlichen Beschreibungen im Zeugnis und den anderen Zertifikaten, Abschluss-Zeugnissen, wird bis heute in vielen Unternehmen entschieden, ob ein Bewerber zu einem Gespräch eingeladen wird.
Werden Sie von Ihrem Arbeitgeber über den grünen Klee gelobt – kann das abschreckend wirken und hilft Ihnen nicht weiter.
Referenzen und soziale Netzwerke
In vielen anderen Ländern – und damit auch in vielen international aufgestellten Unternehmen – ist es heute schon üblich, nach Referenzen zu fragen. Überlegen Sie wer Ihnen im Unternehmen eine Referenz geben könnte. Mit wem hatten Sie bei Ihrer Arbeit engen Kontakt? Wer kann Ihre Fachkompetenz und Ihre Person einschätzen? Vielleicht ist es auch ein Kunde oder Lieferant.
Wenn Sie gekündigt haben können Sie diese Person ansprechen und fragen, ob Sie sie als Referenz angeben dürfen.
Und vergessen sich nicht Facebook, Twitter und Instagram, Xing, LinkedIn an. Auch ein privat betriebener, aber öffentlicher Blog kann zu einem positiven oder negativen Eindruck beitragen. Am besten schauen Sie noch einmal selbstkritisch auf Ihre Posts und Blogartikel.
Bei der Einschätzung interessanter Kandidaten schauen sich Unternehmen gezielt diese Accounts oder Homepages an.
Fazit
Alles in allem ist das Arbeitszeugnis heute also nur noch eine Quelle unter vielen, um einen Bewerber schon vor dem ersten persönlichen Kontakt einschätzen und einordnen zu können. Wenn Sie noch beschäftigt sind, fragen Sie vor einer Bewerbung nach, ob Sie sich auf Vertraulichkeit verlassen können. Besonders vorsichtig sollten Sie sein, wenn es geschäftliche Kontakte zu Ihrem aktuellen Arbeitgeber gibt oder wenn es sich um einem direkten Wettbewerber handelt.
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