Konflikte gehören zum Leben. Wenn Menschen tagtäglich zusammenarbeiten, treffen unterschiedliche Weltanschauungen und Werte aufeinander. Das führt mehr oder weniger zu Unstimmigkeiten und Konflikten.

Die Vorstellung mancher Unternehmen oder Führungskräfte „Wir sind wie eine glückliche Familie“ blendet die Realität aus. (Es gibt keine Familie ohne Konflikte – es sei denn man kehrt sie unter den Teppich.)

Es gibt Menschen, die haben regelrecht Angst vor Konflikten. Schon die Vorstellung, jemand könnte eine andere Meinung haben, verunsichert sie. Diese Personen tun alles dafür, um Harmonie und Frieden im Arbeitsalltag oder im privaten Umfeld um jeden Preis zu erhalten. Das funktioniert nur begrenzt. Wer versucht sich aus allem herauszuhalten, was auch nur entfernt an eine Unstimmigkeit erinnern könnte – verleugnet sich oft selbst und wird von anderen nicht ernst genommen.


Was sind Konflikte? - Versuch einer Definition

Bei einem Konflikt begegnen sich Menschen mit unterschiedliche Einstellungen, Erwartungen, Interessen, Meinungen oder Wertvorstellungen. Auch wenn unterschiedlichen Ziele von Organisationen, Personen, gesellschaftlichen Gruppen oder Staaten aufeinander treffen, führt dies zu einem Konflikt. Im schlimmsten Fall geht es darum eine Person zu zerstören oder es werden Kriege geführt. Denken Sie an die diversen Religionskriege oder Kriege in denen Ländergrenzen verschoben werden sollten.

Im betrieblichen Umfeld kann es im Extremfall auch zu körperlichen Verletzungen kommen

Jedes ungelöste Problem von heute kann der Grundstein sein für den Konflikt von morgen!

Wie Konflikte im Team entstehen

Aus scheinbar nichtigen Gründen können Konflikte entstehen. Es beginnt mit einer Meinungsverschiedenheit und weitet sich zu einer handfesten Auseinandersetzung oder heftigen Streit aus – ein Konflikt ist in der Welt.

Der offensichtliche Konflikt verdeckt die Wünsche und Interessen der Beteiligten. Standpunkten verhärten sich und es wird immer schwieriger den Konflikt zu lösen.

Ein Beispiel (nach einer wahren Begebenheit)

Ein Augenarztpraxis stellte eine neue Fachkraft ein. Schnell erwarb sie sich das Vertrauen des Praxisinhabers.

In den Augen des alten Teams war die neue Kollegin zum Liebling des Praxisinhabers aufgestiegen. Die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlten sich vernachlässigt und nicht mehr wertgeschätzt.

Sie waren eifersüchtig. Es brodelte im „alten“ Team, die neue Kollegin wurde ausgegrenzt.

Niemand sprach miteinander oder mit dem Chef. Der Praxisinhaber hatte offensichtlich gar nicht wahrgenommen, was sich da zusammenbraute. Der Rest des Teams war sind einig, die neue Kollegin muss weg. So wurde die neue Kollegin Zielscheibe der gemeinsamen Rache. Das führte dazu, dass das Team eine gefährliche Arznei in den Tee der Kollegin füllte. Zum Glück überlebte die Mitarbeiterin.

Ursachen für Konflikte im Team

Wie in diesem Beispiel sind oft verletzte Gefühle (fehlende Wertschätzung, Eifersucht, jemand fühlt sich ungerecht behandelt, bekommt eine Aufgabe, die niemand sonst machen will, … ) Unterschiedliche Werte sind genauso häufig Ursachen für Auseinandersetzungen. (Werte wie: Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Loyalität, Zuverlässigkeit …)

Weiteres Konfliktpotential liegt in der Beziehung zwischen den Mitarbeitern.

  • die neue Kollegin, der neue Kollege, den jemand einfach nicht mag.
  • Jemand kommt mit einem Arbeitsstil oder bestimmen Umgangsformen einfach nicht zurecht – fühlt sich vielleicht verletzt
  • das Gefühl, ich muss die Arbeit meiner Kollegin oder meines Kollegen mitmachen. Weil sie/er häufig krank ist oder Termine nicht einhält
  • das Gefühl eine Kollegin oder ein Kollege schwärzt jemanden bei der Führungskraft / dem Team an.
  • Die Führungskraft ist unzufrieden mit der Arbeitsleistung
  • Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter hat sich ihr gegenüber unverschämt (in ihren Augen) verhalten
  • Termine wurden häufig nicht eingehalten
  • häufige Fehlzeiten

Konflikten vorbeugen

Wenn Sie etwas ärgert, sprechen Sie es offen an. Nicht unbedingt genau in dem Moment, in dem Sie sich ärgern, lassen Sie sich und Ihrem gegenüber einen Moment zum „Abkühlen“. Ein Nacht drüber schlafen ist eine gute Möglichkeit. Viel länger sollten sie nicht warten, um über die Situation zu sprechen.
Ihr Gegenüber muss sich noch gut an die Situation erinnern können. Sprechen Sie diese Person direkt an – nicht über Dritte, sonst ziehen Sie Unbeteiligte mit hinein. Das gilt auch für eine Auseinandersetzung mit Ihrer Führungskraft. Führen Sie das Gespräch unbedingt unter vier Augen und nicht vor Zuschauern.

Zum Beispiel:
„ Vorhin, als wir über meine Aufgabe gesprochen haben, habe ich mich total geärgert, weil Sie mir gar keine Möglichkeit gegeben haben, noch einmal nachzufragen. Ich habe mich gefühlt, wie ein dummer Junge / ein dummes Mädchen“
Beschreiben Sie was Sie geärgert hat, und wie Sie sich dabei gefühlt haben.
(Das Gefühl ist wichtig – nicht vergessen!)

Geben Sie danach Ihrem Gegenüber die Chance, sich dazu zu äußern.
„Das tut mir leid, ich hatte schon meinen nächsten Termin im Nacken und habe gar nicht darüber nachgedacht. Welche Fragen haben Sie noch?“
Nehmen Sie die Entschuldigung an.
Sie könnten jetzt z.B. auch einen Vorschlag machen: „Wenn Sie mir das nächste Mal eine neue Aufgabe geben, können wir uns dann kurz ungestört zusammensetzen und in Ruhe alles klären.“

Es geht darum, dem anderen zu erklären, welche Gefühle Das Verhalten in Ihnen ausgelöst hat. Denn mit diesen Gefühlen gehen Sie abends nach Hause und morgens wieder an Ihren Arbeitsplatz.

Konflikten nicht aus dem Weg gehen

Sie können einem Konflikt nur aus dem Weg gehen, wenn Sie die beteiligten Personen nie in Ihrem Leben wiedersehen werden.

Besser ist es, offen anzusprechen, was Sie stört oder ärgert. Wenn Sie zu Ihrer Meinung stehen, können tolle Dinge passieren.
Wichtig ist, dass Sie dabei Ihr Gegenüber nicht beleidigen oder herabwürdigen. Sprechen Sie von sich und über das was Sie meinen. Fragen Sie nach. Machen Sie keine Vorwürfe, sondern hören Sie gut zu.
Ihr Gegenüber ist von seiner Position genau so überzeugt wie Sie.  Ihr oder ihm ist vielleicht gar nicht bewusst, dass er Ihnen einen Grund zum Ärgern geliefert hat.

Als Führungskraft Konflikte konstruktiv lösen

Als Führungskraft seinem Ärger über eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter, spontan Luft zu verschaffen, ist einerseits erleichternd, andererseits kann dabei auch viel Porzellan zerschlagen werden. Nehmen Sie sich Zeit und beantworten Sie für sich diese Fragen:

  • Was genau stört mich am Verhalten der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters?
  • Was soll die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter in Zukunft anders machen?
  • Welche genauen Erwartungen haben Sie an diese Person?

Das Gespräch sollte sachlich geführt werden. Sorgen Sie dafür, das Sie nicht gestört werden. Beschreiben Sie: Welches Verhalten hat Sie gestört? Was das bei Ihnen auslöst? Bewerten Sie das Verhalten nicht. Machen Sie keine Lösungsvorschläge. Lassen Sie Ihr Gegenüber eine eigenen Lösung entwickeln, denn nur dann wird es eine nachhaltige Verhaltensänderung geben. Hören Sie in Ruhe zu – keine Rechtfertigungen weder von Ihnen noch von Ihrem Gesprächspartner.

Er gibt Ärger im Team? Hören Sie sich die verschiedenen Standpunkte einzeln an. Dann führen Sie ein Gespräch mit allen Beteiligten, um den Konflikt aus der Welt zu schaffen. Hier sind Sie als Führungskraft und als neutraler Mediator gefordert.

Als Führungskraft brauchen Sie offene Ohren und wache Augen, um zu erkennen, wie die Stimmung im Team ist oder sich verändert. Eine schlechte Stimmung als vorübergehende Erscheinung einzustufen, kann schwerwiegende Folgen haben. Daher ist es wichtig Konflikte zu erkennen, anzusprechen und nach Lösungen zu suchen.

Konflikte in der Wirtschaft verursachen jährlich Milliardenschäden: durch Fehlzeiten, innere Kündigung, Dienst nach Vorschrift, Lähmung ganzer Abteilungen bis hin zur Sabotage.

Konflikte machen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter krank, wenn nicht konstruktiv mit ihnen umgegangen wird. Aus ungelösten Konflikten wird Mobbing.

Lang anhaltende Konflikte lassen sich kaum noch rational begründen und sind daher auch nicht rational zu lösen. Wenn Sie sich als Führungskraft von der Situation überfordert fühlen, schauen Sie nicht weg. Es gibt gut ausgebildete Mediatoren, die mit Ihnen und Ihrem Team eine Lösung finden

Konflikte am Arbeitsplatz haben eine gute Seite

  • wenn sie fair ausgetragen, nicht überdramatisiert und nicht zu verbissen gesehen werden.
  • Konflikte machen das Leben interessanter: die gemütliche Routine des Alltag wird unterbrochen.Meinungsverschiedenheiten können zu intensiven und spannenden Gesprächen führen.
  • Wir erfahren wie unterschiedlich Menschen eine Situation erleben.
  • Wenn wie offen sind auch eine anderen Seite zu betrachten, verstehen wir den anderen viel besser. Die Chance gemeinsam eine ganz neue Lösungen zu finden.
  • Konflikte führen zu besseren Entscheidungen: Verschiedene Meinungen geben uns die Möglichkeit eine Entscheidung noch einmal sorgfältig zu durchdenken. Alternativen durchzuspielen und sich erst dann für eine Lösung zu entscheiden.

Konflikteskalation nach Friedrich Glasl 

Wenn der Konflikt eskaliert, wird eine Lösung immer schwieriger oder sogar unwahrscheinlich.

Friedrich Glasl hat ein 9-stufiges-Modell der Konflikt-Eskalation entwickelt. Wenn Sie sich an das Beispiel aus der Augenarztpraxis erinnern: Das Medikament im Tee war Eskalationsstufe 9.

Hier das Modell:

Die Konflikteskalation es beginnt harmlos und endet in einer Katastrophe

Phase 1 -3: Konflikt als Debatte

Phase 1 - Differenzen werden bewusst

Die andere Partei gilt als Partner, der überzeugt werden soll. Die Debatte wird mit Worten geführt

Die Parteien versuchen durch Argumente zu überzeugen und setzen psychologische Tricks ein

Phase 2- Erste Zusammenstöße

Die Ansichten werden gegensätzlicher (Schwarz-Weiß-Denken), das Fühlen (Freund / Feind), die einen fühlen sich überlegen die anderen unterlegen

Phase 3-  Verhärtung

 Standpunkte lassen sich nicht versöhnen  "Reden hilft nichts mehr". Die Beteiligten schaffen vollendeten Tatsachen. Die Empathie geht verloren, Gefahr von Fehlinterpretationen.

 Phase 1 -3: Debatte

Die Debatte ist nur sinnvoll, wenn es eine richtige (oder wahre) Meinung gibt.  Die andere Seite ist aber entweder nicht ausreichend informiert ist oder kann die Logik nicht nachvollziehen.Konflikt als Debatte ist nur dann beendet, wenn eine Seite die Argumente der anderen übernommen hat, d. h. sich hat überzeugen lassen. (Überzeugt und nicht klein beigegeben)

In diesen ersten drei Phasen kann Selbsthilfe noch funktionieren, besser ist eine professionelle Moderation

Phase 4 - 6: Konflikt als Spiel

Phase 4 - Differenzen werden bewusst

Die andere Partei gilt als Partner, der überzeugt werden soll. Die Debatte wird mit Worten geführt

Die Parteien versuchen durch Argumente zu überzeugen und setzen psychologische Tricks ein

Phase 5- Erste Zusammenstöße

Die Ansichten werden gegensätzlicher (Schwarz-Weiß-Denken), das Fühlen (Freund / Feind), die einen fühlen sich überlegen die anderen unterlegen

Phase 6-  Verhärtung

Standpunkte lassen sich nicht versöhnen  "Reden hilft nichts mehr". Die Beteiligten schaffen vollendeten Tatsachen. Die Empathie geht verloren, Gefahr von Fehlinterpretationen.

 Phase 4 -6 : Spiel

In diesen Phasen gilt die andere Partei als Gegner, der besiegt werden soll. Das Spiel lebt von geschickten Spielzügen d. h. Aktionen, die den Gegner in die Enge treiben und zum Aufgeben nötigen sollen. Nicht alle Mittel sind erlaubt, die Akteure respektieren gewisse Spielregeln.

Ein Spiel setzt voraus, dass die Parteien möglichst gleich stark sind. Zwischen ungleichen Parteien kommt es entweder zu verdeckten Aktionen oder gleich zum Kampf.

Konflikt als Spiel ist beendet, wenn (auch durch Dritte) feststeht, dass eine Seite gewonnen und die andere verloren hat. (Wer verloren hat gibt nicht auf, sondern kämpft?

Wer den Konflikt in dieser Phase noch entschärfen möchte, braucht eine externe, professionelle Prozessbegleitung, eine Mediation, einen Vermittlung.

Auch ein freiwilliges und verpflichtendes Schiedsverfahren wäre möglich.

Phase 7 - 9: Konflikt als Kampf

Phase 7 - Ausgrenzung

Die Gegenpartei wird als „Unmensch„ ausgesondert – man spricht nicht mehr miteinander, geht nicht mehr gemeinsam in die Kantine, gratuliert nicht mehr zum Geburtstag ...

Phase 8- Zerstörungsschläge

Die andere Seite soll am Lebensnerv getroffen werden – (Computer werden beschädigt, Unterlagen vernichtet…)

Phase 9-  Totale Konfrontation

Vernichtung um jeden Preis bis zur Selbstzerstörung (eine gefährliche Arznei in den Tee einer Kollegin), Gemeinsam in den Abgrund

 Phase 7 - 9 : Kampf

Die andere Partei gilt als Feind, der persönlich getroffen, unterdrückt, geschädigt, ja schließlich vernichtet werden soll. Im Kampf ist jedes Mittel recht, auch Gewalt

Ein Konflikt nimmt dann die Form eines Kampfes an, wenn die andere Partei als alleinige Ursache des Übels angesehen wird. Konflikt als Kampf ist beendet, wenn eine Seite die andere ausgeschaltet hat

In den Phasen 7-9 kann eventuell ein Schiedsverfahren noch helfen oder jemand hat die Macht die Konfliktparteien aufzuhalten (Kündigung, Versetzung …)

Fazit

Konflikte sind im am Arbeitsplatz oder im Team nicht völlig zu vermeiden. Wenn Sie als Führungskraft „Glück haben“, finden die beiden Konfliktparteien selber einen Weg, diese Probleme zu besprechen und aus der Welt zu schaffen. Sich darauf zu verlassen, dass „die das schon untereinander regeln“, kann sich als schwerer Fehler herausstellen.

Um so wichtiger ist es, sie zu erkennen und anzusprechen. Miteinander zu sprechen gibt die Möglichkeit Missverständnisse zu klären und aus der Welt zu schafften. Je länger ein Konflikt vor sich hin köchelt, um so schwerer wird die Lösung des Konfliktes. Wenn die Beteiligten noch miteinander sprechen wollen, gibt es die Chance auf eine schnelle Lösung für den Konflikt.


Was sind Ihre Erfahrungen mit Konflikten?
Welchen Konflikt haben Sie am Arbeitsplatz erlebt?


Schreiben Sie mir gern eine Mail: judith@judith-eggers.de oder hinterlassen Sie einfach einen Kommentar

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